Mietendemo in Berlin

„Wer mit Immobilien handelt, handelt mit Menschen“

Als freie Philosophin beschäftigt sich Sandrine Woinzeck mit wichtigen Fragen des Zeitmanagements: Sie bietet Einzelberatungen bei Zeitproblemen an, erstellt mit ihren Klienten Wochenpläne und spricht über das Verlieren und Genießen von Zeit, im philosophischen Sinne.

Zurzeit muss auch die 40-jährige Philosophin ihre eigene Zeit sehr gut planen und effektiv einteilen. Denn gemeinsam mit den Bewohnern ihres Wohnhauses in Wedding bereitet Sandrine Woinzeck für den nächsten Sonnabend die wohl größte Demo gegen steigende Mieten vor, die es in Berlin gegeben hat.
Gegen Mieterhöhungen durch Modernisierungen

Unter dem Aufruf „Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“ stehen zurzeit die Namen von knapp 170 Berliner Initiativen, Gruppen und Verbänden. Selbstverwaltete Hausprojekte sind ebenso vertreten wie Mieter-, Sozial- und Berufsverbände.

„Es ist beeindruckend, welche Dynamik die Vorbereitung der Demonstration entwickelt hat“, teilten die Veranstalter am Freitag mit. „In den letzten Jahren haben sich immer mehr Mieterinnen und Mieter zusammengeschlossen.

Sie wehren sich gegen Mieterhöhungen durch Modernisierungen, den Verkauf ihres Hauses an einen Investor, Zwangsräumungen oder die Verdrängung des kleinen Ladens nebenan.“ Jeden Tag melden sich weitere Gruppen, die den Aufruf unterschreiben.
74 Prozent der Deutschen in Sorge

Denn die Angst vor steigenden Mieten und die Sorge, deswegen die Wohnung zu verlieren, ist größer denn je. Laut einer aktuellen Studie des Caritas-Verbandes machen sich 74 Prozent der Deutschen darüber Sorgen.

Vier von fünf Befragten (79 Prozent) sehen das Risiko, wegen steigender Mieten in Armut zu geraten. Für fast zwei Drittel, das sind 61 Prozent, der Interviewten sind immer höhere Miet- oder Kaufpreise für Wohnraum inzwischen eine Bedrohung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Zehntausende Wohnungen fehlen

Pro Jahr fehlen in Berlin 20.000 Wohnungen, die Mieten steigen unaufhörlich, ein Ende ist nicht abzusehen. Im September vergangenen Jahres schrieben über 100 Bewohner mehrerer Wohnhäuser in einem offenen Brief über ihre Angst, die Wohnung zu verlieren. „Wir leben in dauernder Sorge, wie lange und unter welchen Bedingungen wir noch in unseren Kiezen wohnen können.“

Sandrine Woinzeck sorgt sich ebenso um ihre Wohnung. Dabei hatte sie vor 17 Jahren großes Glück, als sie als Studentin aus Frankreich, die gerade nach Berlin gezogen war, in Wedding eine freie Wohnung fand. 80 Quadratmeter, zweieinhalb Zimmer, Kohleheizung, 300 Euro Miete. „Es war nicht alles perfekt, aber sehr charmant. Ich war zufrieden“, sagt sie.

Heute lebt Sandrine Woinzeck mit ihrem Mann, einem Psychologen und Psychotherapeuten, sowie den beiden Kindern, zwei und fünf Jahre alt, immer noch der Wohnung. Die Miete änderte sich nicht. Im Haus leben Familien und Singles, Studenten, Rentner, Freiberufler und Angestellte.

Es gibt 29 Wohnungen, im Erdgeschoss befindet sich ein Gebrauchtwarenladen. In der Kiezkneipe „Morena“ kostet ein Bier zwei Euro. Morgens treffen sich türkische Männer auf den Bänken. Sandrine Woinzeck sagt, die Hausgemeinschaft verstehe sich gut.
Solidarische Miete geplant

Vor zwei Jahren änderte sich alles. Da fanden die Bewohner im Internet eine Anzeige. Das Haus wurde für 3,5 Millionen Euro zum Verkauf angeboten. Die Bewohner waren schockiert, und sie beschlossen, das Eckhaus selbst zu kaufen. Sie gründeten einen Verein, nannten ihn Amma 65, weil das Haus an der Ecke Amsterdamer/ Malplaquetstraße liegt.

Ihr Plan: Alle Mieter bleiben in ihren Wohnungen, alle zahlen eine solidarische Miete, die für jeden so hoch ist, dass er sie sich leisten kann. Das Haus wird selbstverwaltet und für zwei Millionen Euro behutsam saniert, das Dach ist undicht.

Das Mietshäusersyndikat hatte der Finanzierung zugestimmt, auch der Bezirk unterstützte das Wohnprojekt und wollte das Vorkaufsrecht anwenden. Aber der Eigentümer lehnte alles ab. Er verkaufte das Haus. „Jetzt haben die Bewohner existenzielle Ängste“, sagt Sandrine Woinzeck.
„Wir haben gar keine andere Wahl mehr"

Die Bewohner schreiben auf ihrer Internetseite: „Investoren bevölkern unsere geliebte Ecke. Sie wollen das Haus kaufen, sanieren und teuer weiterverkaufen. Und was ist mit uns?“

Sandrine Woinzeck hat im Internet nach anderen Wohnungen gesucht. Erfolglos.„Wenn wir hier raus müssen, werden wir in Berlin nichts Passendes und Bezahlbares mehr finden“, sagt sie und spricht jetzt lauter. „Wir haben gar keine andere Wahl mehr. Wir müssen uns jetzt engagieren. Ich will weiter in dieser Stadt leben.“

Zur Mietendemo am 14. April wird sie gemeinsam mit ihrer Hausgemeinschaft gehen. Mit den Nachbarn hat sie Transparente gemalt. „Wer mit Immobilien handelt, handelt mit Menschen“, steht darauf. Und der Satz: „Wir sind Berlin.“
Die Demo

Widersetzen – Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn,  lautet das Motto einer Großdemo  am Sonnabend, dem 14. April. Sie beginnt um 14 Uhr am Potsdamer Platz, führt durch Mitte und Kreuzberg und endet an der Goebenstraße, Ecke Potsdamer Straße.

– Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/29978614 ©2018

 


Heute lebt Sandrine Woinzeck mit ihrem Mann, einem Psychologen und Psychotherapeuten, sowie den beiden Kindern, zwei und fünf Jahre alt, immer noch der Wohnung. Die Miete änderte sich nicht. Im Haus leben Familien und Singles, Studenten, Rentner, Freiberufler und Angestellte.

Es gibt 29 Wohnungen, im Erdgeschoss befindet sich ein Gebrauchtwarenladen. In der Kiezkneipe „Morena“ kostet ein Bier zwei Euro. Morgens treffen sich türkische Männer auf den Bänken. Sandrine Woinzeck sagt, die Hausgemeinschaft verstehe sich gut.

Solidarische Miete geplant

Vor zwei Jahren änderte sich alles. Da fanden die Bewohner im Internet eine Anzeige. Das Haus wurde für 3,5 Millionen Euro zum Verkauf angeboten. Die Bewohner waren schockiert, und sie beschlossen, das Eckhaus selbst zu kaufen. Sie gründeten einen Verein, nannten ihn Amma 65, weil das Haus an der Ecke Amsterdamer/ Malplaquetstraße liegt.

Ihr Plan: Alle Mieter bleiben in ihren Wohnungen, alle zahlen eine solidarische Miete, die für jeden so hoch ist, dass er sie sich leisten kann. Das Haus wird selbstverwaltet und für zwei Millionen Euro behutsam saniert, das Dach ist undicht.

Das Mietshäusersyndikat hatte der Finanzierung zugestimmt, auch der Bezirk unterstützte das Wohnprojekt und wollte das Vorkaufsrecht anwenden. Aber der Eigentümer lehnte alles ab. Er verkaufte das Haus. „Jetzt haben die Bewohner existenzielle Ängste“, sagt Sandrine Woinzeck.

„Wir haben gar keine andere Wahl mehr"

Die Bewohner schreiben auf ihrer Internetseite: „Investoren bevölkern unsere geliebte Ecke. Sie wollen das Haus kaufen, sanieren und teuer weiterverkaufen. Und was ist mit uns?“

Sandrine Woinzeck hat im Internet nach anderen Wohnungen gesucht. Erfolglos.„Wenn wir hier raus müssen, werden wir in Berlin nichts Passendes und Bezahlbares mehr finden“, sagt sie und spricht jetzt lauter. „Wir haben gar keine andere Wahl mehr. Wir müssen uns jetzt engagieren. Ich will weiter in dieser Stadt leben.“

Zur Mietendemo am 14. April wird sie gemeinsam mit ihrer Hausgemeinschaft gehen. Mit den Nachbarn hat sie Transparente gemalt. „Wer mit Immobilien handelt, handelt mit Menschen“, steht darauf. Und der Satz: „Wir sind Berlin.“

Die Demo

Widersetzen – Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn,  lautet das Motto einer Großdemo  am Sonnabend, dem 14. April. Sie beginnt um 14 Uhr am Potsdamer Platz, führt durch Mitte und Kreuzberg und endet an der Goebenstraße, Ecke Potsdamer Straße.

– Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/29978614 ©2018

Heute lebt Sandrine Woinzeck mit ihrem Mann, einem Psychologen und Psychotherapeuten, sowie den beiden Kindern, zwei und fünf Jahre alt, immer noch der Wohnung. Die Miete änderte sich nicht. Im Haus leben Familien und Singles, Studenten, Rentner, Freiberufler und Angestellte.

Es gibt 29 Wohnungen, im Erdgeschoss befindet sich ein Gebrauchtwarenladen. In der Kiezkneipe „Morena“ kostet ein Bier zwei Euro. Morgens treffen sich türkische Männer auf den Bänken. Sandrine Woinzeck sagt, die Hausgemeinschaft verstehe sich gut.

Solidarische Miete geplant

Vor zwei Jahren änderte sich alles. Da fanden die Bewohner im Internet eine Anzeige. Das Haus wurde für 3,5 Millionen Euro zum Verkauf angeboten. Die Bewohner waren schockiert, und sie beschlossen, das Eckhaus selbst zu kaufen. Sie gründeten einen Verein, nannten ihn Amma 65, weil das Haus an der Ecke Amsterdamer/ Malplaquetstraße liegt.

Ihr Plan: Alle Mieter bleiben in ihren Wohnungen, alle zahlen eine solidarische Miete, die für jeden so hoch ist, dass er sie sich leisten kann. Das Haus wird selbstverwaltet und für zwei Millionen Euro behutsam saniert, das Dach ist undicht.

Das Mietshäusersyndikat hatte der Finanzierung zugestimmt, auch der Bezirk unterstützte das Wohnprojekt und wollte das Vorkaufsrecht anwenden. Aber der Eigentümer lehnte alles ab. Er verkaufte das Haus. „Jetzt haben die Bewohner existenzielle Ängste“, sagt Sandrine Woinzeck.

„Wir haben gar keine andere Wahl mehr"

Die Bewohner schreiben auf ihrer Internetseite: „Investoren bevölkern unsere geliebte Ecke. Sie wollen das Haus kaufen, sanieren und teuer weiterverkaufen. Und was ist mit uns?“

Sandrine Woinzeck hat im Internet nach anderen Wohnungen gesucht. Erfolglos.„Wenn wir hier raus müssen, werden wir in Berlin nichts Passendes und Bezahlbares mehr finden“, sagt sie und spricht jetzt lauter. „Wir haben gar keine andere Wahl mehr. Wir müssen uns jetzt engagieren. Ich will weiter in dieser Stadt leben.“

Zur Mietendemo am 14. April wird sie gemeinsam mit ihrer Hausgemeinschaft gehen. Mit den Nachbarn hat sie Transparente gemalt. „Wer mit Immobilien handelt, handelt mit Menschen“, steht darauf. Und der Satz: „Wir sind Berlin.“

Die Demo

Widersetzen – Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn,  lautet das Motto einer Großdemo  am Sonnabend, dem 14. April. Sie beginnt um 14 Uhr am Potsdamer Platz, führt durch Mitte und Kreuzberg und endet an der Goebenstraße, Ecke Potsdamer Straße.

– Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/29978614 ©2018